Progressive Muskelentspannung
PM im Verkehrsstau
Fast jeder von uns hat schon einmal in einem Verkehrsstau gestanden. In manchen Ballungsgebieten gehört diese Erfahrung schon zur täglichen Routine.
Manche Menschen haben schon recht gut gelernt, sich auf eine solche Situation einzustellen und sie einigermaßen gelassen zu ertragen. Dennoch wird diese letztlich unberechenbare Situation, der man hilflos ausgeliefert ist und die mit weiteren unangenehmen und streßauslösenden Aspekten verbunden sein kann (Polizei und Krankenwagen mit Blaulicht, Sirenen; Anblick eines Unfalls usw.), immer auch mit einer gewissen inneren Anspannung verbunden sein, zumal vielleicht wichtige Termine platzen und man hilflos in der Autoschlange eingekeilt ist, ohne zu wissen, wie es nun weitergehen wird.
Zusätzlich zur inneren Anspannung kommt es auch zu einer körperlichen Anspannung, die sich vielleicht gerade in einer solchen Situation als schmerzhafte Verspannung, z.B.
im Nacken oder in den Schultern bemerkbar macht.
Machen Sie sich in dieser Situation bewußt, daß Sie selbst vielleicht die äußeren Umstände nicht beeinflussen, wohl aber einen Einfluß auf die eigene innere Verfassung nehmen können. Die nachfolgende Übung soll Sie in die Lage versetzen, auch mit einer solch widrigen Situation besser als vorher umgehen zu können.
Übungsanleitung:
Lehnen Sie sich in ihrem Sitz zurück. Suchen Sie eine möglichst bequeme und gleichzeitig gerade aufgerichtete Sitzhaltung. Ziehen Sie jetzt die Schultern hoch und beugen Sie die Arme (die Oberarme liegen am Brustkorb an, die Finger berühren die Schultern - rechte Hand an der rechten Schulter, linke Hand an der linken Schulter). Ballen Sie jetzt Fäuste, spannen Sie die Muskeln in den hochgezogenen Schultern, in den Armen und Händen maximal an und
atmen Sie tief ein. Meistens entsteht ohnehin eine spontane Einatembewegung, die Sie jetzt nur zu unterstützen brauchen. Verstärken Sie die Anspannung vielleicht sogar noch ein wenig. Halten Sie sie für einige Sekunden und lassen Sie dann wieder los und atmen Sie aus. Lassen Sie beim Ausatmen die Schultern wieder nach unten fallen und Ihre Hände auf die Oberschenkel oder auf den Sitz neben die Oberschenkel fallen.
Wiederholen Sie diese Übung noch einmal. Sitzen Sie für einige Zeit aufrecht und möglichst locker in Ihrem Autositz und spüren Sie nach, was sich durch die Übung verändert hat.
Strecken Sie die Arme über Ihren Kopf nach hinten und stützen Sie Ihre Handflächen mit gleichzeitig gespreizten Fingern am Wagendach ab. Stützen Sie sich am Wagendach
ab, und drücken Sie ihren Körper, während der Rücken gleichzeitig gedehnt wird, nach unten zur Sitzfläche. Spannen Sie hierbei die Schulter-Arm- und Rückenmuskeln stark an und nehmen Sie wahr, wie der Druck steigt, den Sie mit Ihrer Gesäßfläche auf den Sitz ausüben.
Machen Sie eine kleine Pause. Atmen Sie aus. Spüren Sie nach. Erleben Sie bewußt, was sich verändert hat.
Umgreifen Sie jetzt von der Seite her mit beiden Händen das Steuerrad (bei 3.00 Uhr und bei 9.00 Uhr). Lassen Sie nun, während die Finger das Steuerrad fest umgreifen, die Ellbogen leicht gebeugt nach seitlich abstehen und üben Sie mit den Armen und den Schultern einen starken Druck nach innen aus, so als würden Sie das Steuerrad nach innen zusammen drücken. Steigern Sie hierbei die Anspannung der Muskulatur in den Händen, Armen und Schultern sowie auch der Muskulatur des Brustkorbes. Die Anspannung des großen
Brustmuskels (M. pectoralis major) ist hier besonders deutlich spürbar. Pause - Ausatmen - Nachspüren.
Strecken und räkeln Sie sich in ihrem Sitz, legen Sie den Hinterkopf an der Nackenstütze an, und drücken Sie mit dem Hinterkopf gegen Ihre Nackenstütze in Richtung nach hinten und unten. Bilden Sie gleichzeitig mit der gesamten Wirbelsäule einen Bogen, den Sie immer weiter anspannen, bis nur noch der Nacken und Teile der Halswirbelsäule und die untere Lendenwirbel- bzw. Kreuzbeingegend am Sitz anliegen. Spannen Sie die Rückenmuskulatur stark an, halten Sie die Spannung ein wenig und lassen Sie sich dann wieder in den Sitz sinken. Pause - Ausatmen - Nachspüren.
Bilden Sie mit der rechten Hand eine Faust und legen Sie sie locker in Nabelhöhe auf den Bauch, umgreifen Sie die rechte Hand mit der linken Hand. Drücken Sie nun gleichzeitig mit der zur Faust gespannten rechten Hand nach links, während sie mit der linken Hand, die Faust umgreifend, dagegenhalten. Lassen Sie in beiden Händen, Armen und Schultern die Spannung maximal werden. Halten Sie die Spannung noch ein wenig und lassen Sie anschließend die Arme wieder ganz locker in den Schoß oder neben sich auf den Sitz
fallen. Pause - Ausatmen - Nachspüren.Bilden Sie jetzt mit der linken Hand eine Faust, die Sie in Nabelhöhe auf den Bauch legen und umgreifen Sie sie mit der rechten Hand. Drücken Sie die zur Faust gespannte linke Hand nach rechts, während Sie mit der rechten Hand dagegenhalten. Lassen Sie die Spannung maximal werden, halten Sie die Spannung noch ein wenig und lassen Sie die Hände anschließend wieder in den Schoß oder auf den Sitz neben sich fallen. Pause - Ausatmen - Nachspüren.
Kneifen Sie nun die Augen maximal zusammen und beißen Sie gleichzeitig auf die Zähne, während Sie zusätzlich den Mund ganz breit werden lassen (Breitmaulfrosch). Pause • Ausatmen - Nachspüren.
Blinzeln Sie anschließend ganz locker mit den Augen und schütteln Sie dann den Kopf mit leicht geöffnetem Mund in schneller Folge nach rechts und links, so daß die Lippen locker hin und her schwingen. Blasen Sie nun mit geschlossenem Mund die Backen und die Lippen maximal mit Luft auf. Lassen Sie ihre Lippen und Wangen durch die Luft im Mundraum maximal dehnen. Runzeln Sie gleichzeitig die Stirn.
Diesen Teil der Übung können Sie auch vornübergebeugt ausführen, um nicht durch den etwas seltsamen Anblick, den Sie vielleicht bieten, Ihren Vordermann im Stau zu irritieren
oder vielleicht sogar zu provozieren. Hierbei sollte z.B. ein Beifahrer auf Veränderungen im Verkehr achten.
Spannen Sie nun das Gesäß maximal an, der Rumpf wird hierbei meist von der Sitzfläche aus etwas nach oben gehoben. Steigern Sie die Spannung, halten Sie sie für einige Sekunden, bevor Sie sich wieder locker nach unten fallen lassen. Pause - Ausatmen - Nachspüren.
Ziehen Sie jetzt die Zehen kopfwärts und drücken Sie die Hacken nach unten in die Fußmatten. Lassen Sie hierbei eine maximale Spannung in der Waden- und Oberschenkelmus kulatur entstehen. Halten Sie die Spannung und lassen Sie nach einigen Sekunden wieder los. Pause - Ausatmen -Nachspüren. Beugen Sie die Zehen jetzt maximal. Steigern Sie hierbei die Spannung in den Fuß- und Unterschenkelmuskeln, halten Sie die Spannung und lassen Sie anschließend die Spannung fallen. Pause - Ausatmen - Nachspüren. Räkeln Sie sich anschließend im Sitz, gähnen Sie, wenn Sie möchten, drehen Sie den Kopf maximal nach rechts und lassen Sie dadurch vor allem Spannung in der Nackenmuskulatur entstehen. Drehen Sie anschließend in gleicher Weise den Kopf ganz nach links. Spüren Sie zum Abschluß noch einmal nach, ob bestimmte Muskelgruppen noch angespannt sind und probieren Sie aus wie diese Muskeln durch Dehnen, Spannen oder Körperdrehung gelockert werden können.Entwickeln Sie mit der Zeit ein Gefühl dafür, was ihr Körper braucht, um Verspannungen aufzulösen!
Möglicherweise können Sie in bestimmten Situationen während eines Staus auch einmal rechts heranfahren, einen Rastplatz aufsuchen, sich eine Pause gönnen und aus dem Auto aussteigen. Strecken Sie sich dann maximal, gähnen und räkeln Sie sich. Führen Sie Bewegungen aus, wie Sie sie morgens nach dem Aufstehen gewohnt sind.
Oftmals werden Sie erst durch eine körperliche Lockerung darauf aufmerksam, daß Sie eigentlich viel zu müde zum Weiterfahren sind. Achten Sie in diesen Situationen darauf, sich Ruhepausen oder sogar Schlafpausen zu gönnen.
PM in Sitzungen und Konferenzen
Bei Sitzungen, Konferenzen oder Vorträgen muß man sich meist für längere Zeit intensiv auf einen bestimmten Sachinhalt oder auch auf die Situation selbst konzentrieren. Wenn die geistige Aufnahmefähigkeit nach einer gewissen Zeit abnimmt, bemüht man sich innerlich um so mehr, gut aufzupassen. Diese innerliche Anspannung führt oftmals zu körperlicher Anspannung.
Man möchte sich gerne einmal kurz dehnen und strecken oder ganz einfach einmal für einen Moment „abschalten“. Da man jedoch nicht durch intensive Verrenkungen und gymnastische Übungen auffallen möchte, spielt man vielleicht nervös mit dem Bleistift, wechselt die Sitzposition immer wieder o.ä. Letztlich bleibt man aber „auf seinen Verspannungen sitzen“.
Es kann auch vorkommen, daß man nur aus Höflichkeit und um jemandem einen Gefallen zu tun, einen Vortrag oder eine Veranstaltung besucht, die einen eigentlich gar nicht interessiert. Man sieht vielleicht immer wieder auf die Uhr und erwartet ungeduldig und innerlich angespannt das Ende der Veranstaltung.
Ein in dieser Situation für viele recht gut geeigneter Übungsablauf soll zunächst Anregungen zur Bewältigung derartiger Situationen geben. Verwenden Sie vielleicht zunächst den nachfolgend aufgeführten Übungsablauf und modifizieren Sie ihn dann für Ihre eigenen Bedürfnisse.
Übungsanleitung:
Rücken Sie auf Ihrem Stuhl oder Sessel weit nach hinten, bis Ihr Becken die Stuhllehne berührt und richten Sie sich nun gerade auf. Lassen Sie den Rücken ganz gerade und lang werden, neigen Sie den Kopf etwas nach vorn, so daß sich das Kinn in Richtung Brustbein bewegt und ziehen Sie gleichzeitig den Hinterkopf nach oben und etwas nach hinten. Der
Nacken soll dadurch lang gestreckt werden. Ziehen Sie gleichzeitig die Schultern unmerklich nach hinten, so daß sich die beiden Schulterblätter einander nähern. Verstärken Sie jetzt die Streckung im Nacken und die Muskelspannung in den beiden Schultern und im Bereich der Brustwirbelsäule. Sollte durch diese Anspannung der Impuls zum Gähnen ausgelöst werden (ohne daß Sie tatsächlich für Ihr Umfeld sichtbar gähnen möchten), atmen Sie tief ein und halten Sie dabei die Muskelspannung aufrecht bis der Impuls zum Gähnen vollständig verschwunden ist.
Reduzieren Sie die Muskelspannung anschließend wieder zügig. Wiederholen Sie die Übungen, wenn Sie möchten, mehrmals, so lange, bis die Muskulatur in den angesprochenen Bereichen lockerer ist als vor der Übung.
Legen Sie nun den rechten Arm seitlich am Körper an. Umgreifen Sie mit der rechten Hand von außen her den Oberschenkel. Drücken Sie jetzt den rechten Arm an den Körper heran. Achten Sie darauf, daß die Schulter während dieser Übungsphase etwas nach hinten gezogen wird. Während der Anspannungsphase ist es ansonsten nicht erforderlich, eine bestimmte Körperhaltung oder Armstellung einzunehmen oder beizubehalten.
Wenn möglich, bilden Sie, statt den Oberschenkel zu umgreifen, mit der rechten Hand eine Faust, die Sie dann während der Anspannungsphase gegen den Oberschenkel drücken.
Bauen Sie bei dieser Übung zunächst etwas an muskulärer Spannung auf, verstärken Sie diese Spannung so wie es in der Situation möglich und angenehm ist, halten Sie die Spannung und lassen Sie sie anschließend zügig wieder fallen.
Nachdem Sie die Übung einige Male mit dem rechten Arm durchgeführt haben, wechseln sie anschließend zum linken Arm.
Lehnen Sie nun den Oberkörper etwas nach vorn und stellen Sie die Füße geschlossen nebeneinander auf den Boden.Ober- und Unterschenkel sollten beim ersten Üben geschlossen sein und sich berühren. Die Kniegelenke sollten etwa 90** gebeugt sein. Drücken Sie nun das rechte Bein in den Boden und bringen Sie den Oberkörper über die Stelle, an der Sie „den Boden eindrücken“. Sie können bereits beim ersten Üben gleichzeitig die Zehen beugen und die Fußmuskulatur anspannen. Modifizieren Sie ihre Oberkörperhaltung und die Stellung des rechten Fußes, bis Sie eine für Sie angenehme Sitzposition erreichen, in der Sie Spannung in der gesamten Beinmuskulatur aufbauen können.
Nach einiger Übung können Sie, indem Sie sich zusätzlich mit einem oder beiden Armen auf dem Knie abstützen, Spannung in den Armen, Schultern und im gesamten Oberkörperbereich aufbauen.
Alternativ zum Abstützen mit den Armen ist es möglich, das linke Bein gegen das rechte Bein zu drücken. Hierbei liegt wie zu Anfang der Übung der linke Oberschenkel am rechten Oberschenkel und das linke Knie am rechten Knie sowie der linke Fuß am rechten Fuß an. Sie können, wenn dies für Sie angenehmer ist, das linke Bein locker über das rechte Bein überschlagen oder auch in einer anderen für Sie angenehmen Stellung belassen.
Drücken Sie nun mit dem linken Bein in den Boden und verfahren Sie ebenso wie mit der rechten Seite. Es kommt ganz besonders darauf an, daß Sie die Körperhaltung immer wieder modifizieren, bis Sie eine für Sie selbst angenehme Übungshaltung gefunden haben. Spannen Sie nun die Gesäßmuskulatur an. Vielleicht wird Ihr Körper hierdurch etwas aus dem Sitz gehoben. Wenn Sie möchten, daß dies ihrem direkten Umfeld möglichst wenig auffällt, empfiehlt es sich, die Spannung ganz allmählich, also etwa über fünf Sekunden hinweg zu steigern.
Ziehen Sie nun nochmals beide Schultern nach hinten und etwas nach unten, so daß Spannung im Schulter-, Oberarm- und Brustkorbbereich entsteht. Wenn Sie spontan einen Impuls verspüren zu gähnen, atmen Sie maximal ein und halten die Luft ein wenig an.
Dehnen und strecken Sie weitere Muskelgruppen, die jetzt vielleicht noch angespannt sind.
Im Verlauf dieser Übung entwickeln Sie eine meist deutlich für Sie selbst wahrnehmbare Verbesserung Ihrer Körpersensibilität. Dies kann auf Dauer dazu beitragen, daß Verspannungen zunehmend weniger häufig und intensiv auftreten. Oftmals gelingt es schon beim ersten Üben, körperliche Verspannungen zu lösen und auch innerlich lockerer und ruhiger zu werden.